Biografie Hannu Spangenberg

Hans-Ludwig Spangenberg wird am 17. November 1933 in Naumburg/Saale in eine Zeit hineingeboren, die gänzlich vom Krieg geprägt ist. Die Familie flüchtet 1946 nach Niedersachsen. Hannu besucht einige Jahre ein Internat im Harz, wovon er später oft erzählen wird. Von Jungsstreichen und nächtlichen Ausflügen.

Ohne zum Abitur zugelassen worden zu sein, wird er dank einer Allgemeinwissensprüfung 1955 zum Studium an der Hochschule für bildende Künste in Berlin angenommen. Er studiert Kunst bei Ernst Böhm, Will Grohmann und anderen.          

In Berlin lernt er auch seine erste große Liebe, die Meißner Porzellanmalerin Charlotte Lentzsch kennen. 

Die beiden studieren Freie Kunst, lieben das Leben und verbringen häufig ganze Sommer in Italien oder Spanien, wo sie die Landschaft malen und mit wenig Geld über die Runden kommen. 

Befreundete Künstlerinnen und Künstler in Berlin sind: Christa und Michael Winzer, Fritz Ebeling und Hubert Lamla. 

Hannu und Charlotte malen, reisen, feiern mit dem Freundeskreis; sie lieben ausschließlich klassische Musik. Der Alkohol fließt schon hier in Strömen, andere Drogen spielen jedoch quasi keine Rolle.

 

Nach Abschluss des Studiums beginnt das Paar, bei verschiedenen Werbeagenturen als Art Directors seine Brötchen zu verdienen (in Frankfurt am Main, Stuttgart und schließlich Köln). 

Im Dezember 1974 wird die einzige Tochter, Gesa Gwendolin, geboren. Nun ändert sich einiges.

 

1976 ziehen die beiden mit der kleinen Tochter in einen Bungalow in ein Dorf nahe Pulheim mit 600 Seelen. Hannu ist nun regelmäßig in der Dorfkneipe anzutreffen. Er arbeitet in einer kleinen Werbeagentur im 25km entfernten Köln. Das Alkoholproblem, das vorher nicht so aufgefallen ist, weitet sich aus. Charlotte muss einige seiner Arbeiten zu Hause fertig machen. Er trinkt weiter. Und er malt weiter. 

Eines Tages bekommt er den Auftrag, ein Ortsschild für das Dorf zu gestalten. Dieses steht dann viele Jahre farbenfroh am Ortseingang. 

 

Eine Psychiaterin verschreibt Hannu diverse Psychopharmaka aufgrund der Diagnose ‚endogene Depressionen’. Hannu schluckt für einen Zeit lang nun eine Menge Pillen. Und er trinkt weiter. Und malt weiter. Fährt Auto, arbeitet. Wird dick und zeitweise träge.

 

Nach einer Odyssee des Kampfes mit der Sucht schließt sich der Künstler mit Anfang 50 den Anonymen Alkoholikern ‚AA‘ an. Er trinkt seinen letzten Schluck und lebt fortan nüchtern. Die Meetings der AA besucht er regelmäßig. Er arbeitet weiter in der Agentur. Und malt weiter.

Der Stil seiner Bilder verändert sich kontinuierlich. Er entwickelt nun auch Collage-Techniken und setzt den Fotokopierer ein um Bilder wieder zu übermalen und neu zusammenzusetzen.

 

Seiner Ehe hat die Trockenheit nicht den erhofften Segen gebracht. Hannu jedoch zieht seinen Lebensmut und seine Stärke aus der spirituellen Arbeit im ’12-Schritte-Programm’ der AA. Während diese Beschäftigung immer mehr Raum in seinem Leben einnimmt, leben sich Charlotte und er zunehmend auseinander.

 

Hannus Kunst verändert sich immer weiter in eine neue Richtung. Hatte er als junger Mann noch einen pastösen Pinselstrich und düstere Farben in seinem Euvre, so entwickeln sich klare Linien und bunte Formelemente hin zum fröhlichen PopArt-Stil.

 

1994 zieht die Tochter Gwen aus und im Bungalow hängt der Haussegen zunehmend schief und schiefer. Hannu packt zwei Jahre später ein paar Bilder ein und gerade mal zwei Koffer und verlässt das Dorf, um zurück in seine Heimat nach Göttingen zu ziehen. Dort lernt er die geschiedene Arztgattin Hanna Frerichs kennen, die bald seine nächste große Liebe wird. Beide leben abstinent. Hannu erlebt mit Mitte 60 einen zweiten Frühling. Nach einem früher manchmal cholerisch aufbrausenden Temperament, gibt ihm nun das spirituelle Programm der AA-Gemeinschaft Gelassenheit und Dankbarkeit. Er findet reichlich Zeit zum Malen, zur Gartenarbeit und zum Genuss.

Sein künstlerischer Stil verfestigt sich und er bemalt die Leinwände farbenfroh, wobei er seine Lebensthemen darstellt und verarbeitet. HannA und HannU verschmelzen zu „AU“. Den beiden sind unbeschwerte Jahre beschert.

Bis Hanna 2014 eine Krebsdiagnose erhält und nach anderthalb Jahren Kampf mit dem Tumor, gemeinsamen Rehas, Zusammenhalt in Freude, Leid und Schmerz, verstirbt. 

Hannus Spiritualität und sein gewonnenes positives Wesen begleiten ihn in den letzten Lebensabschnitt, der nun folgt, ohne Partnerin an seiner Seite.

Nach einer intensiven Abschiednahme vermisst er Hanna, aber er schaut nach vorne. „Ich bin gespannt, wie ein Flitzebogen, wie mein Leben nun weitergeht.“ wird quasi zu einem geflügelten Wort, das er oft ausspricht.

 

Nach einer Zwischenstation im Hause seines Cousins und einer schweren Lungenentzündung beschert ihm der letzte Lebensabschnitt ein 1,5-Zimmer-Appartment mit Betreutem Wohnen in unmittelbarer Nähe zur Klinik. Wieder heißt es Abschied nehmen. Abschied vom Garten, aber auch von der Unabhängigkeit. Seine Kräfte schwinden. Und es wird höchste Zeit für diesen Schritt, denn seine Lunge verschlechtert sich dermaßen, dass er von nun an ständig durch einen Schlauch unter der Nase mit einer großen Sauerstofflasche verbunden ist. Hinzu kommt die Pandemie und er verlässt die letzten zwei Jahre nicht mehr seine Wohnung. Er malt täglich und wird vom Hausteam optimal betreut.

 

War er als junger Mensch eher atheistisch orientiert, findet er über die AA zu einem spirituellen Glauben an eine ‚höhere Macht‘ und schließlich vertieft sich sein Glaube mehr und mehr hin zur christlichen Religion, er betet und spricht mit seinem Schöpfer.

Hannu lebt umgeben von seinen Bildern in seiner kleinen bunten Welt. Die Gemälde erzählen aus seinem Leben. Um sie zu dechiffrieren ist eine Kenntnis seiner Lebensthemen wichtig. Immer wieder ist Hanna im Zentrum. Katzen, Malerpinsel, die Reisen und Krisen seiner Tochter, Hannas Gallensteine… alles findet sich in seiner Bilderwelt. Eine besondere Vorliebe hat er für Zahlenspiele.

Hannu ist im Geiste rege, aber der Körper lässt zunehmend nach.

 

Als 2021 Gwen und ihr Partner die Weihnachtstage mit Hannu in Göttingen verbringen, ist er ‚gut drauf‘. Er genießt den Besuch. Und übergibt seiner Tochter ein Portrait, das die beiden nebeneinander zeigt, die ‚pralle Jugend‘ (Gwen ist bereits 46) und den ‚Greis‘ (er ist 88 Jahre alt geworden). Er hat mehrere Tage den Mittagsschlaf ausfallen lassen, um es fertig zu kriegen. Sein letztes Werk. 

Wenige Tage später, am Vorabend des Jahreswechsels, schläft er friedlich ein.

 

Er bleibt für die Seinen unvergessen!

 

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